Ein Bummel durch einen Supermarkt ist wie ein Bummel durch eine kleine heile Welt. Überall springen uns Etiketten ins Auge, die uns hochwertige und gesunde Lebensmittel anpreisen. Hier steht „ohne Zucker“, dort taucht der Zusatz „Bio“ auf, an anderer Stelle wird mit dem Begriff „regional“ geworben. Der Verbraucher soll sich in Sicherheit wiegen und viele von ihnen tun dies auch. Sie gehen zum Beispiel davon aus, dass regional für ein von Anfang bis Ende in der Region hergestelltes Produkt steht. Beim Schwarzwälder Schinken etwa. Da ist ein Großteil der Kunden der Meinung, dass das für die Herstellung genutzte Schwein auch aus dem Schwarzwald stammt. Es ist allerdings absolut ausreichend, wurde der größte Teil des für den Schinken verwendeten Fleisches dort verarbeitet. Mittlerweile versucht man, wenigstens eine Eingrenzung vorzunehmen und hat 2014 das sogenannte „Regionalfenster“, ein blau-weißes Gütezeichen, eingeführt. Damit möchte man den Kunden zeigen, dass das jeweilige Produkt tatsächlich aus der Region stammt und zwar so, wie der Kunde den Begriff „regional“ für sich definiert.
Wer aber denkt, das „Regionalfenster“ sei gleichzeitig ein Beweis für eine artgerechte Tierhaltung, der liegt schon wieder falsch. Dies ist ein weiterer Gedanke, mit dem der Begriff „regional“ verbunden wird. Der Verbraucher sieht beim Lesen vor seinem geistigen Auge einen Bauernhof im näheren Umkreis mit glücklichen Tieren. Zwischen einem Bauernhof aus Verbrauchersicht und einem Bauernhof aus Herstellersicht liegen aber oft Welten. „Bauer“, „Bauernhof“ und „Land“ sind gern genutzte Begriffe, um dem Verbraucher in die Irre zu führen. So ist es beispielsweise den Herstellern erlaubt, Produkte mit Aufdrucken wie „Bauernhof Landglück“ zu versehen, obwohl der Bauernhof gar nicht existiert. Das geltende Recht lässt ausreichend Raum für geschickte Wortspielereien, die dem Kunden ein glückliches Leben der Tiere suggerieren.
Vor nicht allzu langer Zeit wurde diesbezüglich ein Fall beim Discounter Lidl bekannt, wo Hühnchen aus regionaler Zucht verkauft wurde. Die meisten Verbraucher gingen davon aus, dass jene vom Bauernhof „um die Ecke“ stammten, also die oben bereits aus Verbrauchersicht näher erläuterten Kriterien zum Begriff „regional“ erfüllten. Tatsächlich aber kamen die Tiere von der PHW-Gruppe, vielen besser bekannt als Wiesenhof. Das Unternehmen ist Deutschlands größter Geflügelproduzent und geriet bereits häufiger in die Schlagzeilen. Die Haltung von Hühnern auf engstem Raum und das Finden von auf den Müll geworfenen Küken sind nur zwei von zahlreichen Vorwürfen, die gegen die Firma in den letzten Monaten laut wurden.
Bei all diesen „Wahrheiten“ stellt sich die Frage, wie sich der Verbraucher vor einem derartigen Etikettenschwindel schützen soll. Da helfen wirklich nur der Gang zum Bauern im Ort und ein genaues Hinschauen auf dessen Hof. Es stimmt nicht, dass hier die Produkte um einiges teurer sind als im Supermarkt oder Discounter. Manches Mal mag das zutreffen, aber erst das Erkundigen über die Preise verschafft Klarheit. Sucht man nach Obst und Gemüse aus regionalem Anbau, kommen weiterhin Garten- und Landschaftsbauunternehmen in Betracht. Einige von ihnen widmen sich im kleinen Stil dem Anbau landwirtschaftlicher Produkte, verkaufen beispielsweise im Sommer und Herbst Obst von durch sie bewirtschafteten Streuobstwiesen. Nachfragen bei den Betrieben in der Umgebung kann sich also lohnen.
Bildquelle: © Reina / Pixelio.de