Nach jahrelangem Ringen gingen die „Zwei Reiter am Strand“ von Max Liebermann vor Kurzem endlich wieder in den Besitz des New Yorker Anwalts David Toren über. Er war einer der Anspruchsteller, die aus der Gurlitt´schen Kunstsammlung ihr unrechtmäßig durch die Nationalsozialisten beschlagnahmtes Familieneigentum zurückfordern. Toren selbst ist Holocaust-Überlebender und Großneffe jenes Kunstsammlers, dem das Bild einst gehörte. Im Alter von 14 Jahren musste er damals aus Deutschland fliehen, um sein Überleben zu sichern.
Im Jahre 1945, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wurden die „Zwei Reiter am Strand“ schon einmal von den Alliierten beschlagnahmt. Damals war das Gemälde Teil der Kunstsammlung von Hildebrand Gurlitt, dem Vater von Cornelius Gurlitt. Dieser erhielt es 1950 wieder zurück. In den Folgejahren war das Bild immer wieder als Leihgabe in Kunstausstellungen zu sehen. 1954 gab es Gurlitt an die Kunsthalle Bremen für eine Retrospektive von Liebermann. 1960 war es Bestandteil von Kunstausstellungen in Wien, Berlin und Recklinghausen. Somit war öffentlich bekannt, dass sich das Kunstwerk im Besitz der Familie Gurlitt befand. Aber erst vor ungefähr fünf Jahren machten sich zwei Berliner Rechtsanwälte im Auftrag von Toren und seinem Bruder auf die Suche nach dem Bild. Die Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ erklärte es im August 2014 als höchstwahrscheinlich zur NS-Raubkunst zugehörig. Bis zur Rückgabe an die rechtmäßigen Erben Friedmanns sollten aber noch einmal fast 10 Monate vergehen.
Schon bald nach dem Bekanntwerden des Schwabinger Kunstfundes hatten Toren und sein Bruder Anspruch auf das Bild erhoben. Allerdings mussten sie sich noch einige Jahre bis zur Aushändigung gedulden. Zwischenzeitlich hatte der Jurist die Bundesrepublik Deutschland und Bayern verklagt. Im Februar 2015 bezeichnete der inzwischen 90-Jährige das Vorgehen der deutschen Behörden als „reine Schikane“. Mehrere Male wurden weitere Dokumente angefordert. Am 13. Mai 2015 – mehr als drei Jahre nach dem Fund der umfangreichen Kunstsammlung in der Wohnung von Cornelius Gurlitt in Schwabing – erhielt er das Gemälde zurück. Zum Aufhängen in der Wohnung war das Bild allerdings nicht vorgesehen. Am 24. Juni kam es im berühmten Auktionshaus Sotheby´s unter den Hammer. Zu einem Preis von 1,9 Millionen Pfund – das sind umgerechnet etwa 2,7 Millionen Euro – wurde es von einem privaten Bieter per Telefon ersteigert.
Die „Zwei Reiter am Strand“ wurden von Liebermann übrigens in zweifacher Ausführung gefertigt. Die beiden Bilder unterscheiden sich nur unwesentlich. Das kürzlich verkaufte Werk zeigt beispielsweise beide Vorderbeine des durch das Wasser laufenden Pferdes, die bei der zweiten Fassung gänzlich im Wasser verschwinden. Des Weiteren gibt es minimale Unterschiede bei der Kleidung der Reiter. Zudem sind Wellengang und Himmel bei dem aus der Kunstsammlung von Gurlitt stammenden Exemplar deutlicher ausgearbeitet. Von diesem Bild wurde bisher angenommen, dass es bis 1942 im Eigentum des in Breslau lebenden jüdischen Kunstsammlers und Zuckerfabrikanten David Friedmann stand. Toren und sein Bruder sind die Großneffen von diesem. Toren ist sich sicher, dass sein Großonkel das Bild 1905 rechtmäßig erworben hat. Er kann sich noch gut daran erinnern, wann er es das letzte Mal sah. Das war in der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Wenig später fiel es mit der restlichen Kunstsammlung Friedmanns den Nazis in die Hände.
Das andere Gemälde mit dem gleichen Titel wurde bereits 2009 bei Sotheby´s versteigert. Im Gegensatz zu dem unlängst verkauften Werk brachte es allerdings nur 289.250 Pfund, das sind etwas mehr als 335.000 Euro, ein. Käufer war ebenfalls ein privater Bieter.
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