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WDR führte spannendes Experiment mit einem Aufkleber durch

Wie ausländerfeindlich sind die Deutschen wirklich? Der WDR führte dazu ein spannendes Experiment mit einem Aufkleber in Essener Linienbussen durch. Mit einem überraschenden Ergebnis.

651901_web_R_K_by_lichtkunst.73_pixelio.de (2)Die Deutschen sind fremdenfeindlich und mögen keine Ausländer in ihrem Land. Ist das wirklich so? Übergriffe auf Asylbewerber und andere ausländische Mitbürger hat es in der jüngsten Vergangenheit genug gegeben. Der WDR wagte deshalb gemeinsam mit dem Essener Verkehrsunternehmen EVAG ein Experiment. Ort des Geschehens war die Buslinie 160 von Essen- Borbeck nach Essen-Stoppenberg. Ein Bus derselben wurde mit Aufklebern an den Fenstern versehen. Darauf stand, dass die so markierten Plätze ausdrücklich „für Inhaber eines gültigen deutschen Personalausweises“ vorgesehen sind. Die Aufkleber waren im gelb-blauen Design der EVAG gehalten und dadurch derart authentisch, dass ihnen viele Fahrgäste gar keine Beachtung schenken. Die Wenigen, die sich Zeit zum Lesen nahmen, waren dagegen empört. Eine Frau riss gar den Sticker ab und wollte sich beim Verkehrsunternehmen beschweren. Die EVAG registrierte diesbezüglich auch diverse Anrufe.

Um der Aktion noch mehr Authentizität zu verleihen, setzte das Fernsehteam zudem einen angeblichen Kontrolleur ein. Er forderte ausländische Fahrgäste zum Verlassen der reservierten Plätze auf und wies ihnen einen Sitzplatz im hinteren Bereich des Busses zu. Das quittierten die restlichen Fahrgäste mit Unmut. Sie setzten sich für ihre Mitfahrer ein und ergriffen überaus engagiert Partei für diese. Eine junge Frau stellte sich schützend vor die zum Verlassen der Sitzplätze Aufgeforderten. Eine ältere Dame wurde wütend und teilte mit, dass hier niemand aufstehen würde. Um eine Eskalation der Situation zu vermeiden, gab sich das Kamerateam schließlich zu erkennen. Es lobte die Fahrgäste für ihren Mut.

Regisseur Dirk Gion zeigte sich über die Reaktionen überrascht. Und er bedankte sich bei der EVAG. Im Vorfeld habe man viele Unternehmen auf eine Mitwirkung angesprochen, darunter Verkehrsbetriebe, Universitätsmensen und Supermärkte. Keiner war zum Mitmachen bereit. Die Angst vor einem negativen Image war zu groß. Bei der EVAG wurde der Versuch allerdings als Chance gesehen, sich öffentlich gegen Rassismus auszusprechen. Die Mitarbeiter des Unternehmens und die Fahrgäste kommen „aus allen möglichen Nationen“, da ist kein Platz für Fremdenfeindlichkeit, begründet Unternehmenssprecher Olaf Frey die Beteiligung an der Aktion.

Fundierte Ergebnisse, um aussagekräftige Rückschlüsse über Rassismus in Deutschland zu ziehen, lieferte das Experiment nicht. Unter wissenschaftlicher Begleitung stand es dennoch. Bei den Dreharbeiten im Bus war Madeleine Preuß, ihres Zeichens Rassismusforscherin vom Bielefelder Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, anwesend. Sie zeigte sich gleichfalls über das heftige Reagieren der Fahrgäste erstaunt. Preuß spricht von einer „sehr extremen Situation“, dennoch darf man nicht davon ausgehen, dass genau diese Menschen an anderer Stelle kein rassistisches Verhalten an den Tag legen können. So sei es beispielsweise wesentlich schwieriger, Ausländerfeindlichkeit am Arbeitsplatz oder an Schulen zu erkennen und demzufolge dann auch einzugreifen.

Trotzdem scheint sich etwas bewegt zu haben. Ein ähnlicher Versuch wurde vor 21 Jahren schon einmal durchgeführt. Schauplatz war die Mensa der Universität in Münster. Hier ging es darum, dass Deutsche und Ausländer verschiedene Wege benutzen sollten. Für die Deutschen war das kein Problem. Ein Großteil von ihnen tat ohne Nachfrage oder Protest das, was man von ihnen verlangte.

Das aktuelle Experiment ist am 25. August 2015 um 21 Uhr im WDR zu sehen. Es ist eine Folge der neuen Wissenssendung „Quarks & Du“.

Bildquelle: © lichtkunst.73 / Pixelio.de