Der Geschäftsführer der „Gräflich zu Stolberg’schen Brauerei Westheim“, Moritz Freiherr von Twickel, ist entsetzt: Zwei seiner Kunden haben bei ihm jahrelang eingekauft, um dann das bei ihm erworbene Bier mit falschen Etiketten zu versehen und als Kölsch weiterzuverkaufen. Bei den beiden Brüdern aus Niehl fand die Polizei unter anderem einige Fässer Pils von der Brauerei. Insgesamt wurden 1.000 50-Liter-Fässer sichergestellt, die von verschiedenen Brauereien stammten.
Die 42 beziehungsweise 34 Jahre alten Geschäftsmänner hatten das Bier günstig eingekauft und später als teures Markenkölsch wieder verkauft. Das ist nicht nur Etikettenschwindel, sondern „wie ein klassisches Plagiat“, gibt ein Polizeisprecher an. In der Westheimer Brauerei orderten die Brüder hauptsächlich helles obergäriges Bier, manchmal auch geringe Mengen von Weizen. Die Brauerei stellte Lohnbraubier für die Brüder her, das in Fässer abgefüllt wurde. Jene wurden von einer Spedition angeliefert, teilweise wurden auch Lieferungen nach Köln vorgenommen. Die Brüder versahen dann die Bierfässer mit den Etiketten ihrer eigenen Marke. Das lag nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Brauerei. Verkauft wurde das Bier offenbar unter dem Namen „Bachsteiner“. In der laufenden Ermittlung wird die Brauerei als möglicher Lieferant genannt, ein Strafverfahren wurde jedoch nicht eingeleitet.
Helles obergäriges Bier wird ähnlich wie Kölsch gebraut. Nach der Kölsch-Konvention aus dem Jahre 1985 sind derzeit elf Brauereien in Deutschland dazu berechtigt, Kölsch zu brauen. Die Konvention sieht vor, dass das Bier ausschließlich auf Kölner Stadtgebiet hergestellt werden darf. Ausnahmen gelten nur für Brauereien, die bereits vor der Konvention Kölsch gebraut haben. Die oben genannte Brauerei gehört nicht zu den ausgewählten. Die Brüder aus Niehl scheinen sich ebenfalls an die Konvention gehalten zu haben, denn auf den bisher gefundenen Etiketten taucht der Name Kölsch nicht auf.
Dass Kunden ein Bier zum Verkaufen unter eigenen Namen brauen lassen, sei nicht ungewöhnlich, erklärt Twickel. Das Vorgehen der beiden mutmaßlichen Betrüger sei allerdings ein Skandal. Man sei von einer ganz normalen Kundenbelieferung ausgegangen. Was die Brüder überhaupt mit dem Bier machten und was in den bisher verkauften Fässern war, wurde noch nicht vollständig ermittelt. Polizei und Kölschbrauereien untersuchen den Vorfall gemeinsam. Christian Kerner in der Eigenschaft als Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verbands geht davon aus, dass die Fässer mit den unverfänglichen Etiketten der Eigenmarke an die Brauereien geliefert und von diesen gefüllt wurden. Nach Rückholung der vollen Fässer wurden die Etiketten wieder abgenommen. Kerner hält eine Gewinnspanne von 30 Euro pro Fass für durchaus möglich. Ein mit 50 Litern Markenkölsch gefülltes Fass hat einen Verkaufspreis von rund 100 Euro. Das dafür ausgegebene Bier hat aber im Einkauf wahrscheinlich nur 70 Euro gekostet.
Eine Suche nach der Biermarke „Bachsteiner“ im Internet ergab keine brauchbaren Ergebnisse. Es sei außerdem wunderlich, dass die Wirte nicht gemerkt haben, dass es sich bei dem Bier nicht um echtes Kölsch handelte. Schließlich sollten jene doch einen Sinn für den Geschmack von Kölsch entwickelt haben. Verbraucher könnten dagegen schon in Schwierigkeiten kommen. Wird ein helles obergäriges Bier gut gekühlt gereicht, ist der Unterschied zum echten Kölsch nur schwer herauszuschmecken. Ob die Wirte davon wussten, dass das von ihnen verkaufte Bier kein echtes Kölsch war, ist ebenfalls noch nicht bekannt. Kenner der Branche bezeichnen auch das Vorgehen der liefernden Brauerei als zu blauäugig.
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