Manchem wird wohl der Schreck bei der Ankündigung von Bild, jedem zum 60. Geburtstag des Blattes ein Gratisexemplar in den Briefkasten zu stecken, gehörig in die Glieder gefahren sein. Das kann man zumindest an den zahlreichen Kommentaren im Internet erkennen. Da ist die Rede von einer Unverschämtheit, solch eine journalistisch tieffliegende, volksverblödende und hirnlose Zeitung überhaupt zugestellt zu bekommen. Auch in den sozialen Netzwerken ist die geplante Aktion von Bild bereits jetzt ein Thema. Auf vielen Seiten wird sich mehr oder weniger sachlich über die „nette Überraschung“ ausgelassen.
Das wirft die Frage auf, ob man sich eigentlich dagegen wehren kann. Es darf doch nicht sein, dass man gegen seinen Willen eine Zeitung erhält, die man nie lesen würde. Obgleich man nun hier wieder dagegen halten könnte, dass den Betroffenen ja die ganze Aktion nichts kostet und es nur eine einmalige Angelegenheit ist. Man könnte also die Zeitung auch einfach nehmen und dem Papiermüll zuführen. Aber ganz so leicht scheint es für viele nicht zu sein. Im Gegenteil, manchen scheint es sogar davor zu grauen, mit der Zeitung in der Hand vom Briefkasten zur Papiertonne zu gehen. Die Möglichkeit erwischt zu werden, wird als quälend empfunden. Man werde die Zeitung lieber heimlich in ein Pornoheft einwickeln, war in einem Kommentar im Netz zu lesen.
Dieser enorme Widerstand beschäftigt inzwischen ebenfalls die Rechtsanwälte. Sie müssen sich vermehrt fragen lassen, wie man die unerwünschte Zustellung vermeiden kann. Das Vorhaben von Bild ist eine Werbeaktion. Jeder erhält eine kostenlose Zeitung. Jetzt möchten sich viele auf den Aufkleber auf ihrem Briefkasten berufen, der Werbung im Briefkasten verbietet. Dieser reicht aber nach Ansicht von Experten nicht aus. Der Aufkleber „Keine Werbung“ gilt nicht für kostenlose Zeitungen und Anzeigenblätter, wie das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil vom 14. Juli 2011 entschied. Möchte man sich dementsprechend gegen die Bild Zeitung direkt schützen, muss man dies genau auf dem Aufkleber bekannt geben. Der Aufdruck müsste lauten: „Bitte keine Bild einwerfen!“.
Was die Axel Springer AG damit bezweckt, ist klar. Man will neue Leser gewinnen. Schließlich hat man in den letzten Jahren rund eine Million davon verloren. Trotzdem ist das Blatt immer noch die am häufigsten verkaufte Tageszeitung hierzulande. Im vierten Quartal 2011 musste man einen Rückgang um nochmals fast 200.000 Exemplare gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Inzwischen schafft man es nicht mehr wie früher, über drei Millionen Zeitungen an den Mann zu bringen. Darum ist es jetzt an der Zeit, die Werbetrommel intensiv zu rühren. Am Geburtstag sollen sich 41 Millionen Haushalte über eine kostenlose Bild freuen können. Damit erhofft man sich nicht nur neue Kunden, sondern weiterhin eine größere Reichweite und eine höhere Auflage.
Die Kosten für die Gratis-Exemplare will man durch Werbebuchungen und Anzeigen aufbringen. Die Vorbereitungen haben natürlich längst begonnen. Der Preis für eine ganzseitige Anzeige erreicht dann den Rekord von vier Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Normalpreis liegt sonst bei 432.455 Euro, ein echtes Schnäppchen also. Vielleicht scheitert die ganze Aktion ja schon an den horrenden Kosten, dann muss sich keiner über das Geschenk der Bild aufregen.
Bildquelle: © Joujou / Pixelio.de