Ein langer Streit zwischen einer niederländische Verwertungsgesellschaft und einem Unternehmen, das bekannte Kunstwerke in Form von Postern und Leinwandproduktionen anbietet, fand nunmehr durch eine Entscheidung des EuGH (C-419/13) sein vorläufiges Ende. Es galt unter anderem zu klären, ob ein Kunstwerk, das auf einem anderen Trägermedium angeboten wird, immer noch dasselbe Werk ist. Auch stand die Frage im Raum, ob durch die Reproduktion eine Annäherung an das Original ohne Zustimmung des Rechteinhabers erlaubt ist.
Reproduktionen von Werken berühmter Künstler erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie machen Kunst erschwinglich und genau damit warb auch das Reproduktionsunternehmen. Auf der Webseite des Anbieters war von „einer erschwinglichen Alternative zu Originalkunstwerken“ die Rede. Zwar kosten die Leinwandausführungen den Kunden mehr als ein Poster, allerdings haben die Rechteinhaber davon nichts. Sie bekommen trotzdem keinen Cent mehr. Der Verwertungsgesellschaft war das ein Dorn im Auge. Das Unternehmen reichte Klage ein und wollte damit erreichen, dass die Beklagte die Herstellung von Leinwandreproduktionen einstellt. Die Verwertungsgesellschaft gab an, dass eine Zustimmung der Rechteinhaber lediglich für den Posterdruck vorläge, für die Verbreitung auf Leinwand aber eine solche nicht vorhanden sei.
Zu einer Einigung in den Vorinstanzen ist man nicht gekommen. So landete der Rechtsstreit schließlich vor dem EuGH und dieser entschied nun zugunsten der Verwertungsgesellschaft. Hauptsächlicher Grund für die Einschaltung des EuGH war die Tatsache, dass der Hersteller der Reproduktionen auf eine direkte Einholung der Erlaubnis von den Rechteinhabern verzichtete. Die verkauften Poster stammten von Dritten, die offensichtlich die notwendige Zustimmung besaßen. Für diesen „Rechteverfall“ gibt es auch eine juristische Bezeichnung: Erschöpfungsgrundsatz. Jener ist sogar Gegenstand einer EU-Urheberrechtslinie. Nach dieser endet die Verfügungsgewalt des Rechteinhabers in dem Moment, wo er Kopien seines Werkes in Umlauf gebracht hat. Der Rechteinhaber ist dann nicht mehr in der Lage, die Kontrolle über die weitere Verbreitung auszuüben. Sein Verbreitungsrecht ist sozusagen erschöpft, Kopien können beliebig weiter verkauft werden. Bei den Postern stand das auch nicht zur Debatte, bei den Leinwandreproduktionen sah das aber anders aus. Das Posterunternehmen argumentierte, dass die Anzahl der Kopien durch das Aufbringen auf eine Leinwand nicht ansteigen würde. Die Verwertungsgesellschaft hielt dagegen, dass durch das Aufbringen auf ein neues Trägermedium der Charakter des Werks verändert werde. Urheberrechtlich gesehen sei das Vorgehen keine „Verbreitung“, sondern eine „Bearbeitung“. Dafür sei wiederum eine gesonderte Erlaubnis notwendig.
Über den zuletzt aufgeworfenen Sachverhalt traf der EuGH keine klare Entscheidung. Jedoch hatte der Generalanwalt zuvor das Argument in den Raum gestellt, dass mit einer Reproduktion auf Leinwand das Ziel verfolgt werde, nah an das Original heranzukommen. Der EuGH sprach dem Rechteinhaber jedoch weiter die Geltung des Verbreitungsrechts zu. Dafür sei allein die Änderung des Trägermediums ausreichend. Würde eine Änderung dahingehend erfolgen, dass „das Ergebnis stärker dem Original“ ähnelt, sei dies „eine neue Reproduktion des Werks“. Es wird in einer neuen Form in den Verkehr gebracht und da hat der Rechteinhaber ein Wörtchen mitzureden.
Eine endgültige Entscheidung stellt der Rechtsspruch des EuGH nicht dar. Es ist lediglich eine Anregung für das Berufungsgericht, das für das Fällen eines rechtsgültigen Urteils zuständig ist. Der Tenor ist klar: Der EuGH sieht die Verwertungsgesellschaft im Recht. Das endgültige Urteil bleibt dennoch abzuwarten.
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