Seit letzter Woche ist es amtlich: Cornelius Gurlitt erhält seine Kunstsammlung zurück. Die ursprünglich von seinem Vater stammende Sammlung wurde in der Schwabinger Wohnung Gurlitts im Jahre 2012 von der Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmt. Es dauerte damals mehrere Tage, um die fast 1300 gerahmten und ungerahmten Bilder aus der Wohnung zu schaffen. Später wurden in Salzburg in einer anderen Wohnung Gurlitts weitere Gemälde gefunden. Dadurch erhöhte sich die Zahl der beschlagnahmten Kunstwerke auf über 1500.
Am 9. April 2014 hob die Staatsanwaltschaft Augsburg unter Begründung auf neue Erkenntnisse im Ermittlungsverfahren die Beschlagnahmung auf. Gurlitt bekommt seine Sammlung zurück. Unter anderem wurde im Zuge dessen bekannt, dass es zwischen dem Kunstsammler und den deutschen Behörden eine Vereinbarung gab. Inhalt derselben war eine Bereiterklärung Gurlitts, dass er bei einer Aufhebung der Beschlagnahmung Bilder ungeklärter Herkunft für eine Erforschung ihres Ursprungs zur Verfügung stelle. Sollte sich bei diesen der Verdacht auf NS-Raubkunst bestätigen und eine Anspruchserhebung von Erben vorliegen, sei er zu einer Herausgabe der Bilder bereit.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft umfasst der Beschluss die Herausgabe aller Bilder aus der Schwabinger Wohnung. Darunter befinden sich rund 500 Bilder, bei denen der Verdacht auf NS-Raubkunst besteht. Bei den betreffenden Bildern wird sich die Arbeitsgruppe„Schwabinger Kunstfund“ weiter mit der Herkunft beschäftigen. Wo die Werke bis zur Klärung derselben gelagert werden und wie das weitere Vorgehen überhaupt aussehen wird, dazu äußerte sich die Staatsanwaltschaft nicht. Gurlitt selbst sagte, er werde die Bilder in eine treuhänderische Verwahrung übergeben. Somit ist die Angelegenheit immer noch nicht aufgeklärt und wird uns wohl weiterhin beschäftigen. Es ist davon auszugehen, dass einige der Bilder an die Erben der ehemaligen rechtmäßigen Besitzer zurückgehen. Allerdings setzt das das Finden der Erben voraus. In der Internetdatenbank lostart.de wurden bereits einige Werke auf Leinwand aus der Kunstsammlung von Gurlitt veröffentlicht. Weitere werden bei Gelegenheit folgen.
Nach Veröffentlichung der ersten 25 Bilder konnten 13 von diesen als früheres Eigentum des Rechtsanwalts Fritz Salo Glaser aus Dresden identifiziert werden. Die vollständige Bekanntgabe aller möglichen NS-Raubkunstwerke aus der Gurlitt´schen Sammlung wurde im November 2013 in Aussicht gestellt. Im Januar 2014 entschied das Augsburger Verwaltungsgericht, dass die Presse ein Recht auf eine vollständige Liste aller Werke habe, allerdings ist die Entscheidung bis dato nicht rechtskräftig.
Die Beschlagnahmung galt unter Rechtsexperten als umstritten. Viele Juristen zweifelten die Rechtmäßigkeit der Maßnahme an. Ursprünglich bestand gegen Gurlitt der Verdacht auf Hinterziehung von Steuern aus Bilderverkäufen. Daraufhin wurde die Sammlung beschlagnahmt und von 40 Ermittlern sichergestellt. Erst im Laufe der Ermittlungen tat sich der Verdacht auf NS-Raubkunst auf. Die Bundesregierung nutzte daher die Beschlagnahmung auch als Beweis für die jüdische Gemeinschaft, dass man sich durch die Aufklärung der Herkunft der Bilder um späte Gerechtigkeit für die Opfer des Naziregimes bemühe. Aus welchem Grund die Sammlung anfangs beschlagnahmt wurde, war für manche am Ende nur noch schwer erkennbar. Der Vorwurf, dass es sich bei einem Teil der Kunstsammlung um NS-Raubkunst handele, überschattete schnell den eigentlichen Tatvorwurf. Jetzt erhält Gurlitt erst einmal seine Sammlung zurück, die Provenienz der strittigen Bilder darf weiter untersucht werden, somit hat jeder vorerst das erreicht, was er wollte.
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