Mehrere hundert Menschen haben sich nach dem Tode von Cornelius Gurlitt als mögliche Erben für Gemälde aus seiner mehr als 1.500 Kunstwerke umfassenden Sammlung gemeldet. Nun wurde eins der Werke den Erben seines rechtmäßigen Besitzers zurückgegeben. Es handelt sich um das Bild mit dem Titel „Die Bergpredigt“, welches der flämische Barockmaler Frans Francken der Jüngere um 1620 erschuf. Prekär daran: Das Gemälde fällt unter die aus NS-Raubkunst stammenden Sammlungsstücke und wurde im Mai vom Amtsgericht München offenbar den Erben eines NS-Kasernenwarts zugesprochen.
Unstrittig ist, dass „Die Bergpredigt“ im Jahre 1943 von Hildebrand Gurlitt an Adolf Hitler verkauft wurde. Dieser erwarb es damals für sein geplantes „Führermuseum“. Die vorherige Eigentümerin war vermutlich eine Jüdin, die deportiert wurde und die offensichtlich keine Erben mehr hat. Nach einem Diebstahl von über 600 Gemälden im April 1945 aus dem „Führerbau“ am Königsplatz in München galt auch „Die Bergpredigt“ als verschollen. Das Gericht sprach das Bild einer Münchner Familie zu, in dessen Besitz es sich seit Generationen befand. Ein Großonkel der Familie war während der NS-Zeit in München als Kasernenwart tätig. Zudem wohnte er in der Nachbarschaft. Nach dem Krieg hatten er und seine Frau das Gemälde in ihrer Obhut. Hildebrand Gurlitt selbst kaufte das Bild 1943 bei dem Händler, von dem er einen Großteil der umstrittenen Werke hatte. Später ging es in das Eigentum seines Sohnes Cornelius Gurlitt über, wo es 2012 anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung aufgefunden und sichergestellt wurde.
Von der Kunstsammlung Gurlitts gelten knapp 600 Werke als NS-Raubkunst. Seit geraumer Zeit bemüht sich die eigens gegründete Taskforce um die Ermittlung der Herkunft. Nach dem Ableben des Kunstsammlers Anfang Mai dieses Jahres erhoben bis Ende Juni rund 300 Menschen Anspruch auf Gemälde aus dessen Sammlung. Für die Prüfung der Ansprüche will sich das Expertenteam um Leiterin Ingeborg Berggreen-Merkel ein Jahr Zeit nehmen. In seinem Testament bestimmte Cornelius Gurlitt das Kunstmuseum Bern als Alleinerben seiner Sammlung. Am 10. Juni wurde das Testament veröffentlicht. Das Kunstmuseum hat ab diesem Zeitpunkt eine Frist von sechs Monaten für die Ausschlagung oder den Antritt des Erbes. Erst einmal zog das Museum für die Entscheidung einen Rechtsbeistand hinzu. Sollte das Erbe abgelehnt werden, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Dann würde die Kunstsammlung möglichen Verwandten von Gurlitt zustehen. Diesbezüglich hat das Amtsgericht bereits die Kontaktaufnahme zu infrage kommenden Personen in die Wege geleitet. Zudem wurde ein Nachlasspfleger eingesetzt.
Aufgrund einer Vereinbarung zwischen Gurlitt, dem bayerischen Justizministerium und der Bundesregierung im April 2014 darf die Forschung nach der Herkunft der umstrittenen Bilder bis zum April 2015 fortgeführt werden. Die Vereinbarung ist über den Tod Gurlitts hinaus gültig und ebenfalls für seine Erben bindend. Desweiteren sieht sie bei Nachweis eines unrechtmäßigen Entzugs eine gerechte und faire Lösung gemeinsam mit den Anspruchstellern vor. Die betroffenen Werke bleiben dementsprechend bis zum Ablauf der Vereinbarung in Deutschland, während der Rest der Sammlung bei Annahme des Erbes nach Bern überführt werden könnte. Außerdem ist das Kunstmuseum Bern als Rechtsnachfolgerin des Kunstsammlers nunmehr sowohl Ansprechpartner für die Taskforce als auch für die Erben der einstigen Besitzer der Kunstwerke auf Leinwand.
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