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Gurlitts Kunst auf Leinwand geht nach Bern

Der über Jahre hinweggehende Streit über den Verbleib von Gurlitts Kunst auf Leinwand scheint beendet: Das Kunstmuseum Bern nimmt das Erbe an, die mutmaßliche NS-Raubkunst bleibt aber in Deutschland.

661875_web_R_K_by_Wolfgang Dirscherl_pixelio.deEndlich scheint der Streit über die Kunst auf Leinwand des am 6. Mai 2014 verstorbenen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt zu Ende: Im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung gab der Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Kunstmuseum Bern, Christoph Schäublin, am 24. November 2014 bekannt, dass das Kunstmuseum Bern das Erbe von Gurlitt annimmt. Eine Entscheidung, auf die viele Menschen monatelang gewartet haben.

Das heißt aber nicht, dass nun alle Kunstwerke demnächst in Kisten verpackt werden und den Weg nach Bern antreten. Der komplizierte Fall Gurlitt geht auch nach seiner scheinbaren Lösung kompliziert weiter. So wurde als Erstes ein 13 Seiten starkes Papier von Schäublin, der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sowie dem bayerischen Justizminister Winfried Bausback (CSU) unterzeichnet. Es beinhaltet den detaillierten Umgang mit dem Ende Februar/Anfang März 2012 im Münchner Stadtteil Schwabing gemachten Kunstfund. Schäublin bringt es auf den Punkt: „Im Grunde stehen wir jetzt nicht am Ende, sondern am Anfang eines langen Weges, den wir miteinander abschreiten wollen.”

Dennoch hofft wohl jeder, dass der Wirrwarr um die Bilder endlich beendet ist. Angefangen hat alles bereits im September 2010, als Zollbeamte Cornelius Gurlitt im Zug von Zürich nach München kontrollierten. Ihr Fund von 9.000 Euro in bar zog ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung nach sich. Die Staatsanwaltschaft Augsburg beantragte einen Durchsuchungsbeschluss für Gurlitts Wohnung. Die ganze Prozedur nahm über ein Jahr in Anspruch. Bis nach Vorliegen des Beschlusses die Wohnung in München-Schwabing durchsucht wurde, ging noch einmal ein halbes Jahr ins Land. Dann der sensationelle Fund: In der Wohnung fanden die Beamten 1.280 Kunstwerke. Darunter Gemälde von Picasso, Chagall, Klee und anderen namhaften Künstlern. Zuerst wurde nur eine Berliner Kunsthistorikerin damit beauftragt, nach dem Ursprung der Bilder zu forschen. Für eine Person war die Sammlung aber zu umfangreich. Deshalb wurde nach der Veröffentlichung des Fundes – was erst Anfang November 2013 geschah und große Empörung nach sich zog – eiligst die “Taskforce Schwabinger Kunstfund” gegründet. Sie sollte die Herkunft von insgesamt 1.258 Kunstobjekten klären. Bei 499 entschied sie, dass es sich möglicherweise um NS-Raubkunst handelt. Drei Bilder – eins von Liebermann, eins von Spitzweg und eins von Matisse – konnten bislang den rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden.

Im Februar 2014 wurden in Gurlitts Haus in Salzburg noch einmal 60 Kunstwerke sichergestellt. Sie galten als der wertvollste Teil der Sammlung. Darunter befanden sich beispielsweise Gemälde von Monet, Manet und Renoir. Mit anwaltlicher Hilfe schlossen Gurlitt, die Bundesrepublik und der Freistaat Bayern eine Vereinbarung. Für die Werke, die als NS-Raubkunst klassifiziert werden können, sollte mit den rechtmäßigen Besitzern beziehungsweise dessen Erben “faire Lösungen” gefunden werden. Die Taskforce-Chefin Ingeborg Bergreen-Merkel (CSU) sah zu diesem Zeitpunkt die Gurlittsche Sammlung bereits in einem Museum in München. Doch sie hatte die Rechnung ohne den Kunstsammler gemacht. Jener hatte bereits in seinem Testament das Kunstmuseum Bern als Erben festgelegt. Es nimmt nun endlich das Erbe an, die Taskforce wird aber weiter nach der Herkunft bestimmter Bilder forschen, im Auftrag des Museums. 440 Werke, die bereits als “Entartete Kunst” identifiziert wurden, treten sofort die Reise in die Schweiz an. Das gilt weiterhin für etwa 280 Bilder, die von Verwandten Gurlitts selbst geschaffen oder nach 1945 gekauft wurden. Dennoch bleibt noch eine Vielzahl an Gemälden übrig, deren Herkunft ungewiss ist. Mit dem Antritt des Erbes ist somit nicht viel mehr geklärt als vorher. Wie sagte Schäublin: „Im Grunde stehen wir jetzt nicht am Ende, sondern am Anfang eines langen Weges.“

Bildquelle: © Wolfgang Dirscherl / Pixelio.de