Kunst liegt im Auge des Betrachters. Dieser Spruch wird uns immer wieder gewahr, wenn wir durch ein Museum schlendern. Es gibt Kunstwerke, die begeistern einfach, und es gibt welche, die rufen einen großen Zwiespalt im jeweiligen Betrachter hervor. Ist das eigentlich noch Kunst? Gehört das ins Museum oder wäre es in einem stillen Kämmerlein, gut abgeschirmt vor den Blicken fachkundiger Besucher, besser aufgehoben? Mit dieser Frage kommen wir zum nächsten Spruch, der uns in Zusammenhang mit Kunst ebenfalls häufiger begegnet: Das Bild ist so schlecht, dass es schon wieder gut ist. Das Motto hat sich der Bostoner Kunsthändler Scott Wilson zu Herzen genommen und ein Museum für misslungene Kunst gegründet. Das war im Jahre 1994. Mittlerweile umfasst die Ausstellung mehr als 700 Bilder und ein paar Skulpturen. Rund 200 der Kunstwerke werden aktuell an vier Standorten in der Stadt gezeigt.
Den Anfang machte damals ein Bild mit dem Titel „Lucy in the Field with Flowers“. Jenes hatte Wilson auf dem Müll gefunden. Er hatte es nur auf den Rahmen abgesehen. Jerry Reilly, ein Freund Wilsons, fand das Bild zwar ebenfalls scheußlich, dennoch übte es einen besonderen Reiz auf ihn aus und so hängte er es schließlich zu Hause auf. Damit war die Sammelleidenschaft angefacht. Nachdem Freunde und Bekannte das Bild gesehen hatten, brachten sie immer mehr Kunstwerke vorbei, die sich mit dem Attribut misslungen schmücken konnten. Die Geschäftsführerin vom Museum of Bad Art, Louise Reilly Sacco, macht allerdings ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es sich hier tatsächlich um ernstgemeinte Kunst handelt. Die Bilder und Skulpturen wurden mit der ernsten Absicht geschaffen, Kunst zu produzieren, nur sei eben dann bei der Umsetzung des Vorhabens etwas schiefgelaufen.
Die erste Präsentation, der „Bad Art“ sollte, ursprünglich eine Art Wohnungseinweihungsparty sein. Inzwischen war die Sammlung auf 20 bis 30 Stück angewachsen und anstelle einer Einweihungsparty veranstaltete Reilly an einem Abend einfach eine Ausstellung, zu der 50 Gäste geladen wurden. Als es aber soweit war, kamen anstelle der 50 erwarteten gleich 200 Personen. Am nächsten Tag ergab sich aus diesem Ansturm die Idee für das Museum.
Die häufigsten Motive sind übrigens Haustiere. Zu denen haben die Menschen ein sehr inniges Verhältnis, was sie unter anderem in Gemälden auf Leinwand ausdrücken möchten. Das beliebteste Ausstellungsstück stammt aus einem Gebrauchtwarenladen. Der Künstler ist unbekannt. Es zeigt einen Hund mit einem Pflaster vor der Schnauze und einen Affen auf einem Picknicktisch. Genommen werden bevorzugt Bilder, hinter denen man eine Geschichte erkennen kann. Daher ist abstrakte Kunst im Museum of Bad Art wenig zu sehen. Dies ist nicht der einzige Unterschied zu einem normalen Kunstmuseum. Im Museum of Bad Art geht es wesentlich lebendiger zu. Die Besucher unterhalten sich und tauschen ihre Meinungen aus. Das ist so gewollt. Viele der Gäste fühlen sich in einem herkömmlichen Museum fehl am Platz. Sie denken, dass sie nicht genug über Kunst wüssten. Im Museum of Bad Art muss man aber kein Kunstkenner sein. Jeder ist herzlich willkommen. Die Kunstwerke stammen ja von Nicht-Könnern, da dürfen auch Nicht-Fachleute zum Anschauen kommen und sich in Kunstverständnis üben.
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