Wer meint, in der Kirche hängt man der Zeit zurück und will sich nicht von alten Traditionen lösen, der sollte einmal im neuseeländischen Auckland die Kirche von Pastor Glynn Cardy besuchen. Dieser Mann vertritt übrigens den katholischen Glauben, der als besonders streng bekannt ist. Cardy allerdings stört das nicht. Natürlich versteht er sich als Sprachrohr Gottes, doch seine Ideen, dessen Meinung an die Gläubigen weiterzugeben, stoßen bei vielen Kirchenanhängern auf Protest.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an den Namen Cardy. Es handelt sich um eben jenen Pastor, der vor rund zwei Jahren an seiner Kirche ein Poster anbrachte, das Maria und Josef gemeinsam im Bett liegend zeigte. Als wäre dies nicht schon genug Provokation, trug das Poster außerdem die Aufschrift: „Armer Josef, es ist hart Gott zu folgen!“ Dass ein solches Poster bei den Gläubigen auf wenig Gegenliebe stieß, steht außer Frage. Der Pastor aber war sich keiner Schuld bewusst. Er wollte lediglich Besucher in seiner Kirche locken. Der Erfolg des Posters blieb allerdings aus und schon bald war die Sache vergessen.
Allerdings nicht für Cardy. Er hat die letzten Jahre offensichtlich dazu genutzt, um ein weiteres Poster zu entwerfen. Vor kurzem prangte wiederum ein Plakat an seiner Kirche, worauf die Mutter Gottes zu sehen war. Das allein ist ja nicht verboten, aber die darauf gezeigte Szene rief sofort die Gegner auf den Plan: Die heilige Figur schaut entsetzt auf einen Schwangerschaftstest in ihren Händen! Was für eine Blasphemie!
Cardy sah sich diesmal einer noch größeren Kritik als bei seinem letzten Poster entgegen. Vor Ort trafen rund 100 traditionalistische Katholiken ein, die das Poster umgehend entfernten. Eine Wiederholung der Tat sei nicht ausgeschlossen, würde der Pastor wiederum so tätig, war zu hören. Anschließend knieten die Traditionalisten vor der Kirche nieder und schickten Sühnegebiete zum Himmel. Das globale Interesse wurde durch die Medien geweckt. Sie sprachen von Intoleranz. Die traditionalistischen Katholiken distanzierten sich von den nicht-traditionalistischen Neuseeland und der Pastor zeigte sich von den Reaktionen auf seine doch gut gemeinte Kampagne betroffen. Von den Bischöfen indes kam nichts als peinliches Schweigen.
Nicht jeder allerdings fand das Poster abstoßend. Im Gegenteil, dank Facebook fanden sich zahlreiche Begeisterte. Innerhalb weniger Tage war die Idee von Pastor Glynn Cardy überall auf der Erde bekannt und seine Facebookseite verzeichnete einen wahren Boom. Gebracht hat es nichts, jedenfalls nicht das, was er sich mit der Aktion erhoffte. Die Zahl der Gläubiger in seiner Kirche stieg nicht. Dafür regte er aber eine weltweite Diskussion an.
Vielleicht war daran aber auch Oliviero Toscani beteiligt. Er ist der Fotograf, der für Benetton bereits zahlreiche kontroverse Poster schaffte und als der Erfinder der Werbeposter gilt, die großes Aufsehen erregen. Seine aktuelle Bilderserie für Benetton hat gleichfalls einen Bezug zur Kirche. Sein „Opfer“ ist der höchste Kopf der katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI. Unter anderem sieht man darauf einen Kuss zwischen dem Papst und dem Großmufti der islamischen Universität von Kairo. Nicht nur durch die Motive war diese Werbekampagne provozierend, sie erfolgte zudem nur in ausgewählten Städten, und zwar in Mailand, London, Rom und Tel Aviv.
Die Zeichen stehen auf Sturm gegen die katholische Kirche. Das weiß auch der Papst und gewährt den Anglikanern inzwischen sogar den Eintritt in den Vatikan. Nach bald 500 Jahren Geschichte muss nun die katholische Kirche endlich zu Neuerungen bereit sein.
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