Diese Zahlen sollten zum Nachdenken anregen: Laut einer Umfrage von TNS Emnid im Auftrag des Bundesernährungsministeriums sind zwar 79 Prozent der Bundesbürger mit der Qualität der Lebensmittel zufrieden, allerdings haben gerade einmal 29 Prozent der Umfrageteilnehmer Vertrauen zur Lebensmittelindustrie. Doch zu stören scheint diese das wenig.
Die Missverständnisse beginnen bereits bei den Etiketten auf den Lebensmitteln. Denn was darauf geschrieben steht und was der Verbraucher darunter versteht, unterscheidet sich oft völlig. Ein Klassiker ist der Fruchtjoghurt, der trotz seiner vermeintlich eindeutigen Bezeichnung überhaupt keine Früchte enthalten muss. Ein richtiger Fruchtjoghurt hat einen Fruchtanteil von 6 Prozent. Ein Joghurt mit Fruchtzubereitung kommt mit 3,5 Prozent aus. Ein Joghurt mit Fruchtgeschmack soll lediglich nach Frucht schmecken und das tut er durch den Zusatz von Aromen wesentlich intensiver als mit echten Früchten. Warum also sollten dann selbige unbedingt enthalten sein?
Das Portal „Lebensmittelklarheit“ beschäftigt sich unter anderem mit Etikettenschwindel bei Lebensmitteln. Ungefähr 40 bis 50 Hinweise gehen pro Woche von Verbrauchern ein. Rund die Hälfte davon wird als durchaus berechtigt angesehen. Auf die Meinung und die Zufriedenheit der Verbraucher scheint die Lebensmittelindustrie allerdings nicht allzu viel Wert zu legen. Zwar sei das grundsätzliche Problem laut dem Jahresbericht der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (DVE) erkannt, aber weiter ist in dem Bericht zu lesen, dass eine Beseitigung desselben eine zunehmende kostenintensive Produktregulierung nach sich ziehen könne und Außenstehende ohnehin ein verzerrtes Bild von der Lebensmittelindustrie hätten. Eindeutige, für den Verbraucher verständlichere Kennzeichnungen wären schon einmal ein guter und sicher wenig aufwändiger Anfang.
Grund zur Eile besteht allerdings nicht, denn tiefgreifende Konsequenzen sind kaum zu befürchten und falls doch, treten sie nicht plötzlich in Kraft, sondern man kann sich in Ruhe darauf vorbereiten. Kommt es beispielsweise zu einem Gerichtsverfahren, dauert es bis zu einer Entscheidung oft Jahre. So geschehen im Fall Teekanne, der Anfang Dezember letzten Jahres endlich seinen Abschluss fand. Das „Felix Himbeer-Vanille-Abenteuer“, das gemäß Herstellerangaben „nur natürliche Zutaten“ enthält, darf nicht mehr so heißen, denn die im Namen enthaltenen und auf der Verpackung abgebildeten Zutaten sind gar nicht drin. Himbeeren und Vanille wurden durch Hibiskus, Brombeerblätter und Äpfel ersetzt. Für den passenden Geschmack sorgten Aromen. Die Gestaltung der Verpackung und der Name suggerierten dem Verbraucher jedoch einen Tee aus Himbeeren und Vanille.
Ein Verbraucherverband hatte den Teehersteller wegen bewusster Irreführung verklagt. Das Verfahren lief durch insgesamt vier Instanzen. Das Landgericht Düsseldorf fällte im März 2012 ein Urteil, wonach der Fall nach eingelegter Berufung durch die Beklagte ein Jahr später vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt wurde. Schließlich sollte sich der BGH damit beschäftigen. Jener setzte das Verfahren erst einmal aus und rief wiederum den EuGH an. Nach Rückmeldung des EuGH hob der BGH das Urteil des Oberlandesgerichts wieder auf und erklärte das Urteil des Landgerichts für rechtskräftig, welches der Unterlassungsklage des Verbraucherverbands stattgegeben hatte. Zwar hat dieser nun für die Verbraucher einen Sieg errungen, doch die vergangene Zeit war eindeutig zu lang.
Da eine Veränderung der Gesetze mindestens ebenso lange und meistens noch länger dauert, können sich die Lebensmittelhersteller sozusagen beruhigt zurücklehnen. Schließlich gehören Essen und Trinken zu den Grundbedürfnissen des Menschen, sodass Lebensmittel immer gekauft werden, egal, ob die Angaben auf den Etiketten verständlich sind oder nicht.
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