Als Ermittler bei der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen braucht man starke Nerven. Nicht deshalb, weil man tagtäglich Leichen begegnet oder sich mit wild um sich schießenden Ganoven auseinandersetzen muss, sondern weil man sich dort mit Dingen beschäftigt, die eigentlich jeden betreffen und häufig ganz weit unter der Ekelgrenze liegen. Vor allem die Kontrolleure als Kämpfer an vorderster Front müssen hartgesotten sein. Sie sehen die unglaublichsten Dinge und das Schlimme daran ist, es handelt sich in der Regel um Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind.
Die Lebensmittelkontrolleure kennen sich bestens aus mit den einzelnen Stadien, die Nahrungsmittel während Fäulnis und Verfall durchlaufen. Kein schöner Anblick, wobei dieser nicht einmal das Unangenehmste ist. Der Geruch, der über der jeweiligen Szene hängt, ist wesentlich unangenehmer. Die Staatsanwälte, die anschließend die Fälle bearbeiten und vor das zuständige Gericht bringen, haben es da besser. Sie sehen das Szenario nur und riechen nichts. Aber auch ihnen gehen manche Bilder nicht mehr aus dem Kopf.
Wer bei der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen arbeitet, wird stets mit gemischten Gefühlen ein Restaurant betreten oder im Urlaub an das Büffet gehen. Er weiß, dass vergammelte und schimmelige Lebensmittel nicht nur bei einer bestimmten Gruppe von Etablissements anzutreffen sind. Selbst in Küchen von 5-Sterne-Hotels können schimmelige Abflüsse vorhanden sein oder Essen im Kühlraum vor sich hin gammeln. Der Verbraucher selbst bemerkt selten etwas davon. Die Verfahren verlaufen im Sande. Die Betroffenen warten nicht bis zur Eröffnung des Gerichtsverfahrens, sie zahlen lieber gleich, um Konsequenzen zu vermeiden. Große Lebensmittelskandale sind eher die Ausnahme, viele Vergehen kommen zudem überhaupt nicht ans Licht. Sind die Verstöße gegen die geltenden Vorschriften derart schwerwiegend, dass der betroffene Betrieb gleich komplett geschlossen wird, dann bekommt auch die Öffentlichkeit etwas mit, ansonsten aber arbeitet die Ermittlungsbehörde im Verborgenen.
Trotzdem braucht man sich keine Sorgen um seine Gesundheit machen. Eine Gesundheitsgefährdung ist kaum gegeben. In den meisten Fällen geht es um Betrug, wie eben mit Etiketten. Alles, was beim Kunden gut ankommt und mit einem Etikett versehen ist, lässt sich fälschen, ob es nun Käse, Wurst oder Wein ist. Gerade Winzer überschreiten gerne einmal die vom Gesetz gezogenen Grenzen. Für eine gute Flasche Wein sind viele bereit, ein paar Euros mehr zu zahlen. Kann der Bedarf aus eigenen Beständen nicht gedeckt werden, wird von anderen Winzern zugekauft, die Erteilung der Prüfnummer selbst vorgenommen oder Weißwein zu Rotwein umgefärbt. Da gibt es die verschiedensten Möglichkeiten.
Doch nicht nur die Winzer selbst betrügen, sie gehören häufig auch zur Gruppe der Betrogenen. So geschehen bei einem angeblichen Weinhändler aus Koblenz, der den seltenen und dementsprechend teuren Châteauneuf-du-Pape aus dem südlichen Rhônetal an den Mann bringen wollte. Er hatte einfach einen billigen Wein gekauft und die Etiketten für „seine“ Ware am heimischen PC entworfen. Offensichtlich waren die Kunden mit dem „edlen Tropfen“ zufrieden, denn der Schwindler flog nicht etwa auf, weil sich seine Käufer über die Qualität des Weines beschwerten, sondern weil er mit einem nicht zugelassenen Motorrad im Koblenzer Straßenverkehr die Aufmerksamkeit der Ordnungshüter erregte. Die Polizei folgte dem Mann bis zu seiner Wohnung und war erstaunt darüber, welche Mengen an Wein und ausgedruckten Etiketten hier lagerten. Ein klassischer Fall von dumm gelaufen.
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