Der französische Kunstkritiker Michel Tapié gilt als Namensgeber für die sogenannte „art informel“. Sie ist die Antwort des frühen Europas auf den aus Amerika stammenden abstrakten Expressionismus. Tapié verwendete diesen Begriff erstmalig im November 1951. Dabei ging es um eine Ausstellung im Studio Facchetti in Paris. Diese formlose oder anders gesagt ungegenständliche Art der Malerei etablierte sich ab dem Jahr 1952 in der noch jungen Bundesrepublik. Sie wusste sich abzuheben von den vorangegangenen surrealistischen und kubistischen Bewegungen und verzichtete bewusst auf geometrische und konstruktive Elemente. Emil Schumacher gilt als einer der namhaftesten Vertreter der sogenannten deutschen Informel. Derzeit präsentiert das Fritz–Winter–Atelier in Dießen am Ammersee eine Auswahl an Papierarbeiten und Gemälden aus seinem Spätwerk.
Emil Schumacher selbst wurde am 29. August 1912 im westfälischen Hagen geboren. Er absolvierte seine Ausbildung als Werbegrafiker in Dortmund an der Werkkunstschule. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er, wie viele andere aus seiner Generation, auf einen künstlerischen Neustart. Im Jahr 1948 entstand in Recklinghausen die Gruppe „junger westen“. Schumacher war ein Mitbegründer dieser. Im Fokus der Aktivitäten stand, den im Nationalsozialismus verlorengegangenen Anschluss an die Kunst der Moderne wieder herzustellen.
Zur Abstraktion fand der Künstler Anfang der 1950er Jahre. Er war nicht nur in Deutschland erfolgt, sondern bald auch international. An der Documenta II in Kassel nahm er 1959 als Vertreter deutscher Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg teil. Hagen, seine Heimatstadt, errichtete ihm zu Ehren im Jahr 2009 sogar ein Museum.
Schumacher hinterließ eine große Zahl verschiedenartiger Kunst. Seine Werke fanden ihren Platz auf Leinwand ebenso wie auf Holz. Diese großformatigen Bilder stellen den Mittelpunkt des vielfältigen Gesamtwerkes von Emil Schumacher dar. Er erstellte aber auch teils ungewöhnlich große Papierarbeiten und eine Vielzahl von Gouachen. Des Weiteren gehört ein umfangreiches grafisches Werk zu seinem Erbe. Dazu zählen ebenfalls Malereien auf Blei, Aluminium, Schiefertafeln und Porzellan. Schumacher experimentierte gern mit den unterschiedlichsten Materialien und genau das zeichnete ihn als Künstler aus. Farbe trug er oft übermäßig dick auf. Zudem arbeitete er mit Materialien wie Sand und Asche. Das gab seinem Bildgrund häufig einen reliefartigen Charakter.
Die Zusammenstellung der Schumacher Werke ist auf jeden Fall sehenswert. Auch – oder vielleicht gerade? – weil die Ausstellung in Dießen keine Entwicklungen, sondern die späten, reifen Arbeiten des Künstlers zeigt. Die Werke stammen hauptsächlich aus den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens. Zu sehen sind vorrangig Gemälde in erdigen, dunklen, ja fast düsteren Farbtönen. Emil Schumacher nannte sein Werk „Formlos und doch Form“. Es lässt sich sowohl auf Leinwand als auch auf Papier einiges figürliches entdecken. Auch Bildtitel wie „Eulenspiegel“ erlauben dem Besucher, eine Brücke zu bekanntem zu schlagen.
Das Fritz–Winter–Atelier ist im oberbayrischen Dießen am Forstanger 15 a zu finden. Noch bis zum 14. Juni 2015 hat die Ausstellung mit den Werken von Emil Schumacher geöffnet. An Donnerstagen und Samstagen in der Zeit von 14 bis 18 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 und 18 Uhr sowie nach Vereinbarung. Unter der Telefonnummer 08807/4559 können Termine zum Besuch der Ausstellung außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten ausgemacht werden.
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