Immer wieder wird die internationale Kunstszene von Skandalen erschüttert. Mal ist es ein spektakulärer Raub aus einem namhaften Museum, mal sind es täuschend echte Fälschungen, denen selbst Experten zum Opfer fallen. Aktuell erregt ein Ereignis der letzten Kategorie Aufmerksamkeit: Der Chinese Pei-Shen Qian hat Werke von Barnett Newman, Mark Rothko und Jackson Pollock so täuschend echt gefälscht haben, das nicht einmal die bekanntesten Galerien New Yorks, eine US-Botschaft und überhaupt Museen auf der ganzen Welt den Schwindel erkannt haben.
Es ist noch gar nicht lange her, dass der deutsche Kunstmarkt vom Maler Wolfgang Beltracchi zum Narren gehalten wurde, schon tut sich ein neuer Skandal auf, der globale Ausmaße hat. Überall fanden die Meisterwerke von Pei-Shen Qian Anerkennung, jedoch kannte den Künstler selber keiner. Der Chinese aus Queens nutzte einfach die Namen von berühmten Malern und deren weltbekannten Motive, um Geld zu verdienen. Im Zuge dessen soll Qian ebenfalls für den Niedergang der ältesten Galerie New Yorks verantwortlich sein. Seit 1846 war M Knoedler & Co eine feste Größe in der internationalen Kunstwelt. Michael Knoedler kam damals aus Schwaben über den großen Teich und übernahm die Galerie in New York. Wer Geld hatte und die Kunst liebte, ging fortan dorthin und das eineinhalb Jahrhunderte lang.
Ein vermeintlicher Coup am Ende der 1990er Jahre entpuppte sich letztendlich jedoch als Fehlgriff. Über die Mexikanerin Glafira Rosales wurde der Verkauf von mehreren Werken einiger großer amerikanischer Maler eingefädelt. Angeblich stammten die unbekannten Gemälde aus einer Erbschaft, die nun vom anonymen Erben an den Mann gebracht werden sollte. Eine scheinbar lukrative Sache, die nicht nur Knoedler zum Zugreifen verleitete. Wer kann als Kunstliebhaber bei Newman, Pollock & Co schon widerstehen? Insgesamt wurden 63 Bilder für mehr als 80 Millionen Dollar – das sind umgerechnet 60 Millionen Euro – verkauft. Keine unüblichen Preise für Werke dieser Künstler.
Die Freude über den scheinbar besten Deal des Jahres währte allerdings nur kurz. Plötzlich hieß es, dass die Gemälde auf Leinwand gar nicht echt seien. Daraufhin fand eine genaue Begutachtung der in Rede stehenden Kunstwerke statt und die damit betrauten Experten kamen zu der Erkenntnis, dass es sich bei allen um Kunstfälschungen handelte. Bei einigen Motiven war die Maltechnik nicht korrekt, bei anderen hatte man Farben verwendet, die es zu den Lebzeiten der Künstler noch gar nicht gegeben hatte. Der Schaden ging in die Millionen und zog Ende 2011 die plötzliche Schließung von M Knoedler & Co nach sich. 165 erfolgreiche Jahre Kunsthandel lösten sich sozusagen in Luft auf.
Die „New York Times“ prangerte Pei-Shen Qian als Urheber des Skandals an. Er entpuppte sich allerdings nur als kleines Licht. Vor etwa zwei Jahrzehnten hatten die Mexikanerin und ihr Freund den Straßenmaler angesprochen. Ob er nicht bereit sei, ein paar spezielle Bilder für sie zu malen. Der Chinese willigte ein und kopierte hinter verhängten Fenstern in seinem Haus die Kunstwerke der Großen. Während Rosales beim Verkauf Millionen dafür kassierte, erhielt Qian für jedes Bild „nur“ ein paar Tausend Dollar. Unter die Millionäre ist er also mit seinem Tun nicht gegangen, dafür erwartet ihn aber mit Sicherheit eine nette Zelle in einem amerikanischen Gefängnis.
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